Judentum mit dem nötigen Wissen und mit einer gesunden Portion Begeisterung leben – mit Gefühl und Verstand
Methoden des 21. Jahrhunderts mit Traditionellem verbinden. Digitale Medien wie Notebooks, Beamer und neuerdings auch Smartboards kombinieren mit dem guten alten Buch sowie eigens entwickelten Arbeitsheften und Portfolios. Rimon Zilberg, der jüdische Leiter der ZPC, verrät uns im Gespräch, welche Veränderungen es bereits gibt, wie das Lehrer-Team arbeitet und was noch geplant ist.
#zwi: Wenn man beim Beten in der Synagoge zuhört, wirkt es ruhiger. Was hat sich verändert?
Rimon Zilberg: Tatsächlich ist das Gebet in der Früh jetzt konzentrierter als früher, das bestätigen auch die Väter, die bei uns mitbeten. Neben anderen Veränderungen haben wir Gruppen von Schülern gebildet, die gemeinsam sitzen und beten. In jeder dieser Gruppen gibt es ein Kind, das sich besonders gut auskennt und die anderen mitziehen kann. Außerdem sollen die Schülerschaft in unserer Synagoge durch den eigenen mit dem Namensschild versehenen festen Sitzplatz die gleiche Verbindung zum Ort des Gebets verspüren, die man aus vielen anderen regulären Synagogen kennt – wie die regelmäßigen Tempelbesucher eben.
Gehen alle Schülerinnen und Schüler in die Synagoge?
Derzeit verrichten die Klassen 1 bis 3 das Gebet – nach Jahrgängen aufgeteilt – jeweils unter der Anleitung einer Lehrkraft in einem separaten Raum. Die Kinder beten gemeinsam laut, so wie sie es auch schon in der Volksschule erlebt haben. Aber sie lernen schrittweise die Gebete dazu. Unser Ziel ist, dass sie sich gut auskennen, wenn sie in die Synagoge kommen. Außerdem geben ihnen die Lehrkräfte eine kurze Erklärung zum Gebet. So sollen sie besser verstehen, was gemacht wird.
Reicht die dafür zur Verfügung stehende Zeit sowohl zum Beten als auch zum Lernen aus?
Bedingt, und deswegen sind es ja nur Kurzinputs. Wir haben aber auch den Lehrplan überarbeitet und bemühen uns, den Kindern mehr Zusammenhänge und Verständnis beizubringen. Derzeit sind wir in einer Übergangsphase und achten daher in den höheren Klassen darauf, dass derjenige Stoff, der gemäß der neuen Lehrplan-Version in der Unterstufe zu erlernen ist, den Älteren keineswegs entgeht. So liegt der geplante Fokus beispielsweise im ersten AHS-Jahr beim Jüdischen Jahreskreis, im zweiten beim Gebet und im dritten bei Kaschrut und Halachischen Regeln. Aber natürlich beschäftigen wir uns zum Beispiel mit Sukkoth oder Chanuka, wenn gerade der Feiertag ist.
Was hat sich in der Oberstufe verändert?
Im Hinblick auf Matura in Religion (mündlich, wählbar) als eigentliches Ziel und unter der Berücksichtigung von Anforderungen der Neuen Oberstufe (NOST) haben wir in enger Zusammenarbeit mit Edi Gross, dem langjährigen Religionslehrer des IKG-Unterrichts, die Inhalte umgearbeitet bzw. angepasst. Es geht darum, der Schülerschaft solche Instrumente zu vermitteln, womit die wichtigen Themen des Judentums umfassend erklärt und kommentiert werden können.
Welche Unterlagen gibt es dazu?
Wir haben uns von Edis Lernprogramm und von anderen Jüdischen Schulen, mit denen wir in Kontakt sind, neue inspirierende Inputs geholt. Ganz wichtig: wir sind mit unseren Methoden voll ins 21. Jahrhundert hineingesprungen. Die Lehrkräfte (Apshan, Shamonov und Uri) unterrichten in einer Klasse mit Computertafel bzw. mit einem Beamer. Wünschenswert wäre ein fester, technisch moderner Klassenraum für den Religionsunterricht. Außerdem nutzen wir für die unteren Jahrgänge das deutschsprachige Religionsunterricht-Buch “Emunat Jissra’el”. Als Ergänzung dazu verfasst Kollege Apshan Arbeitshefte, die den Stoff vertiefen. Dieses Jahr bekommen die Kinder sie verteilt als Arbeitsblätter und sie sollen dann zum Schuljahresabschluss gebunden werden, nächstes Jahr soll es sie bereits zum Schulbeginn als Buch geben.
Warum sollten die Kinder beten?
Unser Ziel ist es, dass sich ein ZPC-Kind unabhängig von der eigenen familiären Prägung in jedem Bethaus auf der Welt zurechtfindet. Wofür? Weil man auf diese Weise sich dort umso mehr wohlfühlt, den Zugang zu einer jüdischen Gemeinde findet und auch gleich das Vorbeten übernehmen könnte.
Manche wollen aber gar nicht beten.
Wir bereiten derzeit die ZWI Philosophy Time vor. Dort können interessierte Schüler alternativ zum Beten spannende Fragen des Jüdischen Lebens und Alltags in einer Kleingruppe diskutieren. Da möchten wir auch auf die entsprechende Wünsche der Schüler eingehen. Schließlich wollen wir erreichen, dass sie ihr Judentum mit dem nötigen Wissen und mit einer gesunden Portion Begeisterung leben – mit Gefühl und Verstand.