Geschichte

1919

1. Oktober 1919 – Eröffnung des jüdischen Realgymnasiums
Zwi Perez Chajes, dessen Wirken gekennzeichnet war von unermüdlichem Einsatz für seine Gemeinde, war Bildung ein zentrales Anliegen. Bereits ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien gründet er das erste jüdische Realgymnasium, das am 1. Oktober 1919 in der Drahtgasse 4 im ersten Wiener Gemeindebezirk eröffnet wird. Mit dem Gymnasium verbindet ihn eine sehr innige Beziehung, er kennt die meisten Lehrer und Schülerinnen persönlich, da er häufig am Unterricht teilnnimmt.
Im Unterschied zum staatlichen Bildungssystem erhalten hier in der koedukativ geführten Schule 122 Mädchen wie Buben eine profunde humanistische Ausbildung, die sie mit Ablegen der Matura zu weiterführenden Studien an der Universität befähigt. Statt am Samstag wird am Sonntag unterrichtet, zuerst fünf, später vier Stunden Hebräisch, jüdische Geschichte und zwei Stunden Religion. Es wird größter Wert auf das perfekte Erlernen der deutschen Sprache gelegt.

1921

Bereits zwei Jahre nach seiner Gründung erhält das Realgymnasium 1921 das Öffentlichkeitsrecht verliehen.

1923

Der erste Umzug erfolgt 1923 in die Castellezgasse 35 im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Der langjährige Direktor des Chajesgymnasiums Dr. Viktor Kellner vermittelt nationaljüdische, traditionelle und humanistische Werte in modernem Kleid. Die Schule gilt als streng und anspruchsvoll. Der damalige Landesschulinspektor Oskar Benda bemerkt in einem Bericht am 10. April 1924, „dass die Anstalt hinsichtlich des Standes in den humanistischen Fächern den Durchschnitt der Bundesmittelschulen nicht nur erreicht, sondern vielfach nicht unbeträchtlich übersteigt und im allgemeinen einen Eindruck hinterlässt, den man an Privatmittelschulen zu begegnen nicht gewohnt ist.“

1927

So verwundert es nicht, dass nur 27 von 122 Schulänfängern 8 Jahre nach Schulgründung die Matura ablegen. Nach Chajes‘ Tod im Dezember 1927 wird ihm zu Ehren die Schule in Chajes Realgymnasium umbenannt.

1935/36

Im Schuljahr 1935/36 übersiedelt das Chajes Gymnasium in die Staudingergasse 6 im 20. Wiener Gemeindebezirk, in der Castellezgasse entsteht die Volksschule der IKG Wien.

1938

Obwohl Hitler am 12. März 1938 die deutsche Wehrmacht einmarschieren lässt und am folgenden Tag den „Anschluss“ Österreichs ans Deutsche Reich proklamiert, wird die (letzte) Matura noch abgehalten (das österreichische Unterrichtsministerium wird erst später vom deutschen „Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten Abteilung 4, Erziehung, Kultus und Volksbildung“ abgelöst). Dabei spricht Direktor Dr. Viktor Kellner folgende Worte: „Ich weiß nicht, welche Zukunft ihr vor Euch habt. Aber eines kann ich Euch mit Sicherheit sagen: Man wird länger Schma Israel als Heil Hitler sagen.“ Dr. Kellner verlässt im rechtzeitig das Land und wandert nach Palästina aus, sein Nachfolger wird Dr. Emil Nohel.

1939

Am 17. Oktober wird das Chajes Gymnasium durch die Nationalsozialisten geschlossen. Im Gebäude in der Castellezgasse finden bis 1941 eine Form des Volks- und Hauptschulunterrichtes sowie Vorbereitungskurse zur Auswanderung nach Palästina statt für nach den „Nürnberger Rassegesetzen“ als Juden deklarierte schulpflichtige Kinder.

1941

Danach dient das Haus bis 1945 als Sammellager für Juden zum Transport in Konzentrationslager.

1976

Nach der Eröffnung eines jüdischen Kindergartens in der Grünentorgasse schließen sich 1978 30 jüdische Wiener Familien zusammen und vereinbaren, eine neue Bildungsstätte beim neuerrichteten Gemeindezentrum zu gründen.

1980

56 Kinder sind vom ersten Tag an dabei und am 1. September 1980 wird das Jüdische Lehr- und Schulzentrum in der Seitenstettengasse 2 mit einer Vorschul- und einer 1. und 2. Volksschulklasse eröffnet. Schon bald plant man eine weiterführende Schule und adaptiert das Gebäude in der Castellezgasse 35.

1984

Als am 3. September 1984 die erste Mesusah von Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg am neuen Schulgebäude anbringt, ist dies keineswegs eine normale Schuleröffnung. Diese Lehranstalt ist das erste deutschsprachige jüdische Gymnasium in Form einer Ganztagsschule in Wien. Die feierliche Eröffnung der Zwi Perez Chajes Schule erfolgt am 19. November 1984 durch Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger. 140 Kinder besuchen die Schule, die von vier KindergärtnerInnen, sechs VolksschullehrerInnen, drei HortpädagogInnen und elf AHS-LehrerInnen betreut werden. Bereits 1985 wird der Schule das Öffentlichkeitsrecht auf Dauer verliehen.

1987

Im Herbst 1987, drei Jahre nach Eröffnung der Zwi Perez Chajes Schule, sind bereits 227 Kinder eingeschrieben. In der Volksschule müssen Kinder abgewiesen werden, eine Entwicklung, die alle Erwartungen übertrifft und nicht ohne Konsequenzen bleibt: Da das Gebäude zu klein geworden ist, erfolgt 1988 die Erweiterung um zwei Stockwerke und 1991 ein Zubau.

1992

Im Juni 1992 ist es soweit, der erste Maturajahrgang einer jüdischen Schule in Wien seit 1938 legt erfolgreich die Reifeprüfung ab. Austauschschüler aus Israel sowie 70 ehemalige Schüler des Chajesgymnasiums vor der Schoa nehmen gemeinsam mit den Absolventen an einem Galaempfang im Wiener Rathaus teil.

2004

Nach der Unterbringung von zwei Volksschulklassen in Containern ist den Verantwortungsträgern schon während der Feierlichkeiten zum 20jährigen Bestehen der ZPC Schule im Jahre 2004 klar, dass die Antwort auf weiterhin steigende SchülerInnenzahlen und die immer stärkere Nachfrage nach Kleinkinderbetreuung nur im Bau eines neuen Gebäudes liegen kann.

2006

Auf Teilen des ehemaligen Hakoah-Platzes, restituiert im Zuge der Verhandlungen in Washington, werden am 11. Dezember 2006 die Grundsteine für das Sportzentrum Hakoah und die neue ZPC Schule, später auch für das Elternheim Maimonides Zentrum und das Wohnheim gelegt. Gemeinsam von den Teams der Architekturbüros Feiger und BEHF geplant entsteht hier der damals modernste Bildungscampus Wiens.

2007

Bei der Gleichenfeier am 16. Mai 2007 wird symbolisch eine Thora, ein Geschenk einer befreundeten Gemeinde in den USA, eingebracht und der Standort erhält seine neue Adresse: Simon-Wiesenthal-Gasse

2008

Im Sommer 2008 ist es soweit, die ZPC Schule zieht in ihrem neuen Gebäude ein. Am 17. September wird der Campus feierlich durch Bundespräsident Dr. Fischer sowie weitere hochrangige österreichische und israelische PolitikerInnen gemeinsam mit VertreterInnen des Schulvereins und der IKG Wien eröffnet. Knapp zwölf Monate später wird auch die Synagoge fertiggestellt und am 6. September 2009 in einem freudigen Fest die Thora-Rollen eingebracht.
Die attraktive Ausführung mit einer zeitgemäßen Architektur kombiniert mit dem großzügigen Freigelände hat den Campus bereits mehrmals in den Mittelpunkt diverser Veranstaltungen gerückt.

2011

Neben privaten Familienfeiern und Events der JUKO der IKG Wien waren die European Maccabi Games 2011 mit über 2000 teilnehmenden Sportlern gewiss ein Höhepunkt.
Vernetzung und Austausch passieren nicht nur innerhalb der ZPC, sondern immer stärker auch mit allen Nachbarn am Campus. Mit dem Maimonides Zentrum verbinden gemeinsame Chorauftritte, Kochkurse, Feiern anlässlich der jüdischen Feiertage und vieles mehr. Die Dreifachsporthalle sowie der Multifunktionsplatz von Hakoah werden von den SchülerInnen täglich genutzt. Die Musikschule Jehuda Halevi hat in der ZPC-Schule einen Standort und bietet hier direkt Kurse und Einzelstunden an.

Heute

Heute besuchen knapp 500 Kinder die Zwi Perez Chajes Schule und bei mittlerweile über 300 Absolventen erfüllt es uns mit Stolz, wenn wir wahrnehmen, dass hier im Sinne der Schulgründer Bildung jüdischer Gemeinschaft von der Krabbelstube bis zur Matura gelebt wird.

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